Analyse einer Studie zur möglichen Teratogenität chinesischer Arzneidrogen und ihrer Entgegnung von TCM-Seite

Analyse der chinesischen Teratogenitätsstudie Eine prospektive chinesische Studie, die an 23 chinesischen Krankenhäusern durchgeführt wurde, postulierte einen Zusammenhang zwischen „perikonzeptioneller“ Exposition gegenüber TCM-Arzneimitteln und einer erhöhten Teratogenitätsrate (Peng et al. 2023). Die Exposition bezieht sich auf einen Zeitraum von bis zu 6 Monaten vor Konzeption bis zum Ende der Frühschwangerschaft und auf die Einnahme von TCM-Arzneien ohne oder mit zusätzlichen westlichen Arzneimitteln im Vergleich zu keiner Einnahme von Arzneimitteln. Die Studie wurde von der publizierenden Zeitschrift später zurückgezogen. Dennoch erscheint eine Analyse der Studie zur Vermeidung von Fehlinterpretationen lohnenswert. Die Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass die Datenerhebung in Bezug auf eingenommene chinesische Arzneien offensichtlich insuffizient ist und die Studienpräsentation eklatante Transparenzdefizite aufweist, insbesondere bezüglich Deskription von Gruppen-Basischarakteristika und Anzahl der Frauen mit ausschließlicher TCM-Medikation. Der Fragestellung der Studie liegt ein verfehltes Design zugrunde, weil sie die Medikamenteneinnahme vor der Schwangerschaft, für die eine Beeinflussung der Teratogenität unplausibel ist, mit der Einnahme in der Frühschwangerschaft und die Einnahme bloßer TCM-Arzneien mit der Einnahme von TCM-Arzneien mit zusätzlicher westlicher Medikation vermischt. Des Weiteren ist die Arbeit durch sehr kleine Fallzahlen für die der TCM zugerechneten Teratogenitäten belastet. Es handelt sich dabei um 10 Fälle, von denen zwei mit vorkonzeptioneller Einnahme sowie einer mit gemischter TCM/westlicher Medikation abzurechnen sind, in einem weiteren Fall ist eine TCM-Medikation unklar. Die Studie ist nicht geeignet, eine valide Aussage über ein mögliches Teratogenitätsrisiko durch TCM-Medikation zu liefern. Es kann jedoch auch kein fehlendes Teratogenitätsrisiko abgeleitet werden. Auffällig bleibt, dass sich unter 6 Teratogenitätsfällen, bei denen die TCM-Medikation bekannt ist, 4 Fälle mit dem Kombinationsmittel Pudilan befinden. Analyse der Entgegnung von TCM-Seite Im November 2023 haben mehrere Autoren verschiedener chinesisch geprägter TCM-Institutionen aus den USA und Australien eine Entgegnung publiziert, die die Peng-Studie in Frage stellt (Liu et al. 2023). Auch diese Entgegnung wird einer Analyse unterzogen, um zu klären, ob die Argumente treffend sind. Die Analyse zeigt, dass die Autoren Mängel der Teratogenitätsstudie benennen, mit ihrer Kritik jedoch an der Oberfläche bleiben und wesentliche strukturelle Defizite im Studiendesign nicht aufdecken. Gleichzeitig dokumentieren sie einen bedenklichen Sicherheitsbegriff von Chinesischer Medizin, indem sie sich auf eine kurze Textpassage im „Inneren Klassiker des Gelben Fürsten“ (Huangdi Neijing, aus dem 1. Jh. v. u. Z., im 8. und 11. Jh. überarbeitet) berufen, deren Anwendung auf das Teratogenitätsrisiko ausgesprochen fragwürdig ist. Medizinethische Grundsätze gebieten, einen begründeten Verdacht auf ein Teratogenitätsrisiko ernst zu nehmen, auch wenn das Risiko (noch) nicht streng wissenschaftlich nachgewiesen ist. Bezüglich Schwangerschaftsrisiken der Chinesischen Arzneitherapie sind noch sehr viele Fragen offen, insbesondere was das weitgehende Fehlen menschlicher Daten angeht..

Medienart:

E-Artikel

Erscheinungsjahr:

2024

Erschienen:

2024

Enthalten in:

Zur Gesamtaufnahme - volume:39

Enthalten in:

Chinesische Medizin - 39(2024), 1 vom: 14. Feb., Seite 57-67

Sprache:

Deutsch

Beteiligte Personen:

Wiebrecht, Axel [VerfasserIn]

Links:

Volltext [lizenzpflichtig]

Themen:

Adverse drug reactions
Chinese herbal therapy
Pregnancy
Teratogenicity
Traditional Chinese medicine

Anmerkungen:

© The Author(s) under exclusive licence to Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature 2024

doi:

10.1007/s00052-024-00106-x

funding:

Förderinstitution / Projekttitel:

PPN (Katalog-ID):

SPR055204279