Gravidität bei vorbestehendem Diabetes (Update 2023)

Zusammenfassung Bereits vor mehr als 30 Jahren forderte die St. Vincent Deklaration, dass Schwangere mit vorbestehendem Diabetes mellitus vergleichbare Schwangerschaftsergebnisse wie gesunde Frauen erreichen sollen. Dennoch bestehen bei Frauen mit konzeptionell manifestem Diabetes nach wie vor höhere Komplikationsraten und eine höhere perinatale Morbidität und Mortalität. Eine fehlende oder zumindest unzureichende Schwangerschaftsplanung und präkonzeptionelle Betreuung mit Optimierung der Stoffwechsellage vor Konzeption ist dafür verantwortlich. Alle Frauen mit Diabetes sollen im Selbstmanagement der Insulintherapie mit Anpassungen der Insulindosis geschult sein und eine stabile Stoffwechsellage vor Schwangerschaftsbeginn aufweisen. Eine Schilddrüsendysfunktion, Hypertonie oder diabetische Komplikationen vor der Konzeption sollten ausgeschlossen bzw. adäquat behandelt sein, um das Risiko einer möglichen Progression der Komplikationen und Begleiterkrankungen sowie insgesamt mütterliche und fetale Risiken zu minimieren. Ein Ziel der mütterlichen Stoffwechselkontrolle ist das Erreichen von Normoglykämie und normalen $ HbA_{1c} $-Werten, falls dies ohne Risiko für Hypoglykämien möglich ist, da eine schlechte Blutzuckereinstellung mit diabetischer Embryopathie und diabetischer Fetopathie assoziiert ist. Das Hypoglykämierisiko ist speziell bei Typ 1 Diabetes mellitus in der Frühschwangerschaft deutlich erhöht, nimmt aber mit den hormonellen Veränderungen und der Zunahme der Insulinresistenz im Schwangerschaftsverlauf deutlich ab. Eine weltweit steigende Adipositasprävalenz führt zusätzlich zu einem Anstieg von Müttern mit Typ 2 Diabetes. Dieser Trend ist auch bei Frauen mit Typ 1 Diabetes zu beobachten und aggraviert die Metabolik und die perinatalen Ergebnisse. Eine funktionelle, intensivierte Insulintherapie mit multiplen täglichen Insulininjektionen oder eine Insulinpumpentherapie tragen neben dem vermehrten Einsatz des kontinuierlichen Glukosemonitorings zum Erreichen einer guten mütterlichen Stoffwechselkontrolle vor und während der Schwangerschaft bei. Orale Antidiabetika (Metformin) können vor allem bei Typ 2 Diabetes und Adipositas helfen die Insulinsensitivität zu verbessern und dadurch den Insulinbedarf zu vermindern, sollten jedoch aufgrund der Plazentagängigkeit und ungewissen Langzeitergebnissen bei den Nachkommen mit Bedacht (shared decision making) verordnet werden. Aufgrund des erhöhten Präeklampsierisikos bei Frauen mit Diabetes in der Schwangerschaft ist hier ein frühes Screening zu empfehlen. Regelmäßige und engmaschige geburtshilfliche Kontrollen in einem spezialisierten Zentrum und bei spezialisierten Fachärzt:innen sowie interdisziplinäre Zusammenarbeit werden empfohlen um eine gute Stoffwechseleinstellung und gesunde Entwicklung des Kindes zu sichern..

Medienart:

Artikel

Erscheinungsjahr:

2023

Erschienen:

2023

Enthalten in:

Zur Gesamtaufnahme - volume:135

Enthalten in:

Wiener klinische Wochenschrift - 135(2023), Suppl 1 vom: Jan., Seite 129-136

Sprache:

Deutsch

Beteiligte Personen:

Kautzky-Willer, Alexandra [VerfasserIn]
Winhofer, Yvonne [VerfasserIn]
Weitgasser, Raimund [VerfasserIn]
Lechleitner, Monika [VerfasserIn]
Harreiter, Jürgen [VerfasserIn]

Links:

Volltext [lizenzpflichtig]

Themen:

Diabetic complications
Diabetic embryopathy
Obesity
Perinatal morbidity
Pre-gestational diabetes
Pre-pregnancy care
Pregnancy
Type 1 diabetes mellitus
Type 2 diabetes mellitus

Anmerkungen:

© The Author(s) 2023

doi:

10.1007/s00508-023-02188-2

funding:

Förderinstitution / Projekttitel:

PPN (Katalog-ID):

OLC2134699175